In Polen wird am Tag der Parlamentswahl in zwei Monaten auch ein umstrittenes Referendum abgehalten, bei dem es unter anderem um den EU-Asylkompromiss gehen soll. Das polnische Parlament stimmte am Donnerstag für den Vorschlag der rechtsnationalen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Die Opposition kündigte einen Boykott an. Mit den Stimmen der PiS verabschiedete das Parlament zudem eine Resolution, die sich erneut gegen Deutschland richtete.
Die Polen sollen dem Willen der PiS zufolge vier Fragen beantworten. Dazu gehört, ob sie die "Aufnahme Tausender illegaler Einwanderer aus dem Nahen Osten und Afrika" gemäß eines von der "europäischen Bürokratie auferlegten Mechanismus" unterstützen.
Die EU-Innenminister hatten sich Anfang Juni mehrheitlich auf den Asylkompromiss geeinigt, der unter anderem vorsieht, dass EU-Länder, die keine Migranten aufnehmen wollen, ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 Euro für jeden Migranten in einen von Brüssel verwalteten Fonds zahlen müssen. Polen lehnt das kategorisch ab und spricht sich entschieden gegen jegliche verpflichtende Verteilung ankommender Migranten auf die EU-Staaten aus.
Die weiteren Fragen des geplanten Referendums befassen sich mit der Entfernung eines Zauns an der Grenze zwischen Polen und Russlands Verbündetem Belarus, mit dem Verkauf staatlicher Unternehmen auch an ausländische Unternehmen und einer möglichen Anhebung des Renteneintrittsalters. Der politischen Führung in Warschau zufolge sind die Fragen wichtig für die Zukunft des Landes und das Leben der Polen.
Regierungssprecher Piotr Müller sagte, der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Bürgerplattform (PO), Donald Tusk, fürchte "dieses Referendum wie der Teufel das Weihwasser", da die Bürger mit ihren Antworten seine nächsten Entscheidungen im Falle eines Siegs bei der Parlamentswahl am 15. Oktober einschränken könnten.
Die Opposition sprach hingegen von einem Versuch, die Wahlen zu "manipulieren", und von einer "schamlosen Täuschung". Der linksgerichtete Abgeordnete Krzysztof Gawkowski sagte an die Adresse der PiS: "Sie werfen den Polen unwichtige Fragen an den Kopf, die niemand, keine Partei heute stellt". Paulina Hennig-Kloska von der zentristischen Partei Polska 2050 sagte, das Referendum werde mit dem Ziel abgehalten, "die Wahlen zu manipulieren und die Gesellschaft erneut zu spalten".
Das Parlament verabschiedete zudem mit den PiS-Stimmen eine Resolution gegen "ausländische Einmischung in den Wahlprozess". Darin verurteilte die PiS die "militärische Sprache" des Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament, Manfred Weber, als "unzulässige Einmischung in den Wahlprozess".
Der CSU-Politiker hatte dem ZDF kürzlich gesagt, es gebe eine "Brandmauer" auch gegen Vertreter der PiS, die "systematisch den Rechtsstaat und die freien Medien" angriffen. Wer diese Grundsätze missachte, gehöre zu "den Gegnern", die von der EVP "bekämpft" würden. Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte Webers Äußerungen scharf kritisiert.
Die meisten polnischen Oppositionsparteien verständigten sich inzwischen darauf, sich bei der Wahl des Senats im Oktober zusammenzuschließen. "In jedem Kreis stellen wir nur einen Kandidaten auf, den wir alle unterstützen werden", sagte am Donnerstag Wladyslaw Kosiniak-Kamysz vom Mitte-Rechts-Bündnis Dritter Weg.
Die Einigung gilt allerdings nur für das Oberhaus, den Senat, in dem die Opposition derzeit eine knappe Mehrheit hat. Für das Unterhaus, den von der PiS dominierten Sejm, konnten sich die Oppositionsparteien hingegen nicht einigen.
Umfragen sehen die PiS, die seit 2015 die Regierung in Warschau stellt, bei rund 33 Prozent der Wählerstimmen. Die Bürgerplattform kommt demnach auf etwa 29 Prozent. Knapp zehn Prozent würden den Umfragen zufolge den Dritten Weg wählen und fast neun Prozent die Linken. Die rechtsextreme Konföderation kann demnach mit zwölf Prozent der Stimmen rechnen.
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