Nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft im Bundeswirtschaftsministerium hat CDU-Chef Friedrich Merz die Bundesregierung zur Aufklärung aufgerufen. "Wir erleben seit Tagen ein immer grotesker werdendes Schauspiel um Vetternwirtschaft und Filz im Bundeswirtschaftsministerium", sagte Merz am Donnerstag bei einem Kongress der Europäischen Volkspartei (EVP) in München. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müsse sich dazu äußern, "was er eigentlich von diesem Treiben in einem seiner vielleicht wichtigsten Ministerien hält", fügte er hinzu.
Wirtschafts-Staatssekretär Patrick Graichen steht in der Kritik, weil er an der Neubesetzung eines der beiden Chefposten der Deutschen Energie-Agentur beteiligt war. Dieser wurde zunächst dem früheren Berliner Grünen-Politiker Michael Schäfer zugesprochen, der zwischenzeitlich für die Umweltverbände Nabu und WWF sowie den Thinktank Agora Energiewende tätig war.
Graichen soll dabei nicht zuvor transparent gemacht haben, dass er zu Schäfer, der einst sein Trauzeuge war, auch eine private Verbindung hat. Das Vergabeverfahren soll nun neu aufgesetzt werden. Habeck sprach am Freitag von einem "Fehler", stärkte Graichen aber zugleich den Rücken.
Die Bundesregierung müsse so schnell wie möglich den Verdacht ausräumen, "dass hier nur mit Filz und Vetternwirtschaft gearbeitet wird", sagte Merz. Habeck müsse frei sein von dem Verdacht, dass er sein Ministerium "mehr oder weniger als Familienbetrieb führt". Er glaube nicht, dass Graichen "noch einmal zurückfindet zu einer Arbeit, die von Vertrauen und Respekt getragen ist".
CSU-Chef Markus Söder sagte, für ihn sei relativ klar, dass der Staatssekretär am Ende "seine Funktion nicht mehr ausüben kann". Es stehe ein "ziemlich schwerer Vorwurf im Raum". Habeck müsse nun für Aufklärung sorgen. "Ist das von ihm gewollt, war das unterstützt, gab es da möglicherweise Weggabelungen, wo er das sogar befördert hat?", sagte Söder.
Mit den Vorwürfen gegen Graichen soll sich laut dem "Wir" kommende Woche der Wirtschaftsausschuss des Bundestages befassen. Das Magazin verwies am Donnerstag auf einen entsprechenden Antrag der Unionsfraktion. Diese schließt auch einen Untersuchungsausschuss nicht aus.
bfi/mid