In den letzten Tagen ist das Tempo der Impfungen zwar deutlich angestiegen, doch noch immer lagern rund 4 Millionen Dosen Impfstoff ungenutzt in den verschiedenen Lagern der Impfzentren. Und trotz dieser gelagerten Impfungen ist bisher nicht einmal die Hälfte der Menschen über 80 Jahren immunisiert worden. Nun schlägt einer von Angela Merkels Berater vor die Impf-Reihenfolge komplett zu ändern.
Schon seit dem schleppenden Beginn der Impfungen stellt sich die Frage, ob die Impfungen in Deutschland schneller vorangehen würden, wenn bereits jetzt jüngere Menschen geimpft werden könnten. Angesichts des überschüssigen Impfstoffes hatte sich zuletzt bereits der bayrische Ministerpräsident Markus Söder zu Wort gemeldet. Dieser hatte gefordert: “Bevor er liegenbleibt, impfen, wer will.“ Diese Ansicht vertritt auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Dieser sprach sich jüngst dafür aus, die Impfungen mit dem AstraZeneca-Impfstoff bereits für die ersten drei Priorisierungs-Gruppen zu ermöglichen. Jetzt spricht sich der System-Immunologe Prof. Dr. Michael Meyer-Herrmann (54) sogar für einen ganz anderen Plan aus. Der Mediziner, der als enger Berater von Kanzlerin Merkel gilt, schlägt jetzt nämlich vor die Impf-Reihenfolge komplett über den Haufen zu werfen. Nach Ansicht von Meyer-Herrmann sollte nun zunächst diejenigen Bürger geimpft werden, die besonders viele Kontakte in ihrem Alltag haben. “Menschen mit vielen Kontakten werden zuerst geimpft“, schlägt der Experte des Braunschweiger Helmholtz-Zentrum im Interview mit dem “Tagesspiegel“ vor. Denn der Immunologe ist sich sicher: „Das hätte eine viel größere Wirkung!“
Mit der aktuellen Impf-Reihenfolge sei das Ziel verfolgt worden, die Todesrate bei den älteren Menschen zu senken. Dies sei auch sehr erfolgreich geschehen, wie man an den immer weiter fallenden Todeszahlen sehen kann. Allerdings hätte dieses Vorgehen beinahe überhaupt keine Wirkung auf das Eindämmen des Virus hinsichtlich der Neuansteckungen. “Das Virus wird von Menschen verbreitet, die viele Kontakte haben und die ältere Bevölkerung ist die Gruppe mit den wenigsten Kontakten“, gibt Meyer-Herrmann zu bedenken. Eine echte Wirkung auf die Infektionszahlen werde man deshalb auch erst dann sehen, wenn die jüngerene Menschen, wie beispielsweise Berufstätige bei den Impfungen an der Reihe sind. Und gerade die jüngeren Menschen sollten dann den wirksamsten Impfstoff bekommen. In diesem Fall also das Vakzin von Pfizer, dessen Wirksamkeit bei 95 Prozent liegt. “Es macht einen Unterschied, ob Menschen mit vielen Kontakten, etwa die viel zitierte Kassiererin, mit Impfstoff mit 70- oder mit 95-prozentiger Effektivität immunisiert werden“, erklärt Meyer-Herrmann. Aus epidemiologischer Sicht sei es nach Meinung des Immunologen also besser, den Menschen mit vielen Sozialkontakten die hocheffektiven Impfstoffe zu verabreichen.