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Malis Staatsführung durch Militärputsch entmachtet

Maas: "Keine Gefahr" für deutsche Bundeswehrsoldaten vor Ort

Im westafrikanischen Krisenstaat Mali haben Teile des Militärs die Staatsführung entmachtet. Präsident Ibrahim Boubacar Keita verkündete in der Nacht zum Mittwoch seinen sofortigen Rücktritt und die Auflösung des Parlaments. Zahlreiche Regierungen und internationale Organisationen verurteilten den Militärputsch. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte am Mittwoch, es gebe für die Bundeswehrsoldaten dort "keine Gefahr".

Wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten, war am Mittwoch in der Hauptstadt Bamako wenig von der Aufregung der zurückliegenden Nacht zu spüren. Die Menschen gingen ihren normalen Beschäftigungen nach, und es waren keine Soldaten auf den Straßen zu sehen. Verwaltungsstellen und Banken waren allerdings geschlossen; die Villa des ehemaligen Justizministers Kassim Tapo war nach einer nächtlichen Attacke von Demonstranten ausgebrannt.

Soldaten der malischen Armee hatten am Dienstagmorgen den Militärstützpunkt Kati nahe der Hauptstadt Bamako eingenommen. Anschließend fuhren sie im Konvoi nach Bamako, wo sie von einer jubelnden Menge empfangen wurden. Die Menge forderte den Rücktritt Keitas. Mit Keita, dessen Premierminister Boubou Cissé und weiteren Spitzenpolitikern und -militärs in ihrer Gewalt fuhren die Putschisten anschließend wieder zum Stützpunkt.

Der gefasst wirkende Präsident erklärte kurz nach Mitternacht im Staatsfernsehen, er habe keine andere Wahl als zurückzutreten. "Ich muss mich dem fügen, weil ich kein Blutvergießen will", sagte der 75-Jährige.

Kritik am Vorgehen der Militärs kam vom westafrikanischen Staatenverbund Ecowas, der Afrikanischen Union und der UNO. Die Situation in Mali war auch Thema des Treffens der Staats- und Regierungschefs der EU am Mittwoch. Der EU-Chefdiplomat Josep Borrell hatte den Putsch am Dienstagabend bereits verurteilt.

Unklar war, ob Keita sich am Mittwoch noch immer in der Gewalt der Putschisten auf dem Militärstützpunkt Kati befand. Auf demselben Stützpunkt hatte sich bereits 2012 der Putsch ereignet, durch den Keita selbst an die Macht gekommen war.

Keita stand zuletzt massiv unter Druck, weil es ihm unter anderem nicht gelungen war, den seit 2012 andauernden Aufstand von Dschihadisten im Norden des Landes unter Kontrolle zu bringen. Verschleppte politische Reformen, eine schwächelnde Wirtschaft und Korruptionsvorwürfe hatten die Stimmung im Land weiter verschlechtert. Die Oppositionsbewegung M5-RFP forderte den Rücktritt des 75-jährigen Präsidenten und organisierte immer wieder Massenproteste gegen ihn.

Bei einem Auftritt im Staatsfernsehen am frühen Mittwochmorgen sagte der stellvertretende Stabschef der Luftwaffe, Ismael Wagué: "Unser Land Mali versinkt jeden Tag in Chaos, Anarchie und Unsicherheit." Schuld daran sei die Regierung. Er forderte die Zivilgesellschaft und die Parteien auf, "die besten Bedingungen für einen zivilen politischen Übergang zu schaffen, der zu glaubwürdigen Parlamentswahlen führt". Die Putschisten kündigten die Schließung der Grenzen sowie eine nächtliche Ausgangssperre an. Neuwahlen sollten "in angemessener Zeit" angesetzt werden.

Wagué versprach, dass bestehende internationale Militärkooperationen weiterlaufen würden. Auch der Friedensvertrag von 2015 mit Rebellengruppen im Norden des Landes bleibe in Kraft.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Berlin, die Bundesregierung fordere "die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung, die nach unserer Auffassung durch diesen Putsch maßgeblich verletzt worden ist". Vorsorglich habe das Auswärtige Amt die Botschaft in Bamako geschlossen - es bestehe aber "keine Gefahr für Deutsche in dem Land".

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte sich am Mittwoch nicht dazu festlegen, ob die Bundeswehr ihre Beteiligung am UN-Einsatz Minusma zur Stabilisierung Malis fortsetzen werde. "Wir sind noch im Zustand der Lagefeststellung", sagte er. Nach Angaben des Sprechers sind derzeit rund 900 Bundeswehrsoldaten und Bundespolizisten in Mali stationiert, die meisten davon in Gao im Nordosten des Landes. Zudem sind dem Sprecher zufolge aktuell etwa 75 deutsche Soldaten an der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali beteiligt.

by Von Serge DANIEL und Malick KONATE