Im Ukraine-Krieg spricht das russische Regime immer wieder von der Notwendigkeit, das Nachbarland zu “entnazifizieren”. Durch die Annexion mehrerer Landstriche wollte Russland territoriale Fakten schaffen, doch die Realität sieht heute anders aus: Die russische Armee stößt in vielen Gebieten nach wie vor auf Widerstand.
Angesichts dieser Schwierigkeiten könnte Putin nun seine Ambitionen in der Ukraine reduzieren, wie Informationen der US-Geheimdienste zeigen. Laut Avril Haines, der Direktorin des Nationalen US-Nachrichtendienstes, konzentriert sich Moskau nun darauf, die Ukraine davon abzuhalten, der NATO beizutreten. “Er könnte bereit sein, zumindest einen vorübergehenden Sieg zu beanspruchen, der sich ungefähr auf das von ihm besetzte Gebiet bezieht”, prognostizierte Haines vor dem Streitkräfteausschuss des Senats. Auf diese Weise könnte Putin indirekt auch einen Ratschlag von Jewgeni Prigoschins aufgreifen. Der Direktor des US-Nachrichtendienstes, Generalleutnant Scott D. Berrier, fügte hinzu, dass es bis zu einem Jahrzehnt dauern könnte, bis Russland seine Truppen wieder aufstockt. “Es wird eine Weile dauern, bis sie wieder auf dem neuesten Stand sind”, sagte Berrier laut der New York Post. “Die Schätzungen gehen von fünf bis zehn Jahren aus, je nachdem, wie sich die Sanktionen auf sie auswirken und inwieweit sie in der Lage sind, ihre Streitkräfte wieder mit Technologie auszustatten.”
Zu Beginn der russischen Invasion hatte Moskau offensichtlich damit gerechnet, schnell vorzustoßen und bis nach Kiew vorzudringen. Doch mittlerweile liefern sich die Streitkräfte seit über einem Jahr heftige Gefechte mit der ukrainischen Armee – allerdings nur im Süden und Osten des Landes. In den vergangenen Monaten sind die russischen Versuche, weitere Gebiete zu erobern, auch aufgrund hoher Verluste auf dem Schlachtfeld gescheitert. Haines betonte, Russland leide jetzt unter schwerem Personal- und Munitionsmangel. Auch Prigoschin, der Chef der Wagner-Söldnergruppe, klagte mehrfach über Munitionsknappheit. Die Einschätzungen aus den USA könnten Hoffnung wecken, dass Putin einen Waffenstillstand anstrebt, um seine dezimierten Truppen wieder aufzubauen. Allerdings könnte der Konflikt dadurch in die Länge gezogen werden und weitere Unterstützung des Westens für die Ukraine erfordern. “Wir gehen weiterhin davon aus, dass Putin höchstwahrscheinlich davon ausgeht, dass die Zeit zu seinen Gunsten arbeitet und dass die Verlängerung des Krieges der beste Weg ist, um Russlands strategische Interessen in der Ukraine zu sichern”, glaubt die Geheimdienstdirektorin. Man muss also abwarten, wie sich die Situation entwickeln wird.
