Der Vorschlag der Unionsfraktion, angesichts der Probleme bei der Bahn den Konzern aufzuspalten, stößt auf ein geteiltes Echo. Die Lokführergewerkschaft GDL begrüßte den Vorstoß am Montag, während die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG ihn entschieden ablehnte. Zuspruch kam auch von den Ampel-Parteien FDP und Grüne, denn die Ideen der Opposition entsprächen in etwa ihren Plänen für eine grundlegende Bahn-Reform.
Das derzeitige System führe zu Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit, sagte GDL-Chef Claus Weselsky dem Nachrichtenradio MDR. Deshalb sei es richtig, "mit einem Schnitt die Infrastruktur herauszutrennen und dafür Sorge zu tragen, dass die Infrastruktur stärker vom Bund geführt und kontrolliert werden kann".
Der Vorschlag der Union sei auch deshalb richtig, weil der Bund den Geschäftsführern dann Weisungen erteilen könne. In einer Aktiengesellschaft sei das nicht möglich. Eine Verbesserung der Verhältnisse werde erst spürbar werden, "wenn es uns gelingt, die Milliarden an Steuergeldern in die Infrastruktur zu investieren".
Am Wochenende war ein Positionspapier der Unionsfraktion im Bundestag bekannt geworden, das die Aufspaltung des Konzerns vorsieht. In dem auf sechs Seiten zusammengefassten Konzept wird der Zustand der Deutschen Bahn (DB) scharf kritisiert: Unpünktlichkeit, kaputte Züge und Unzuverlässigkeit seien bei vielen Reisen mit dem Zug an der Tagesordnung. Die angestrebte Verkehrsverlagerung von anderen Verkehrsträgern auf die Schiene sei in den vergangenen Jahren nicht erreicht worden.
Deshalb sei eine große Bahnreform und die Trennung von Infrastruktur (Schienen und Bahnhöfe) und Transportbetrieb erforderlich. Der Infrastrukturbereich soll demnach in eine bundeseigene, weisungsgebundene GmbH überführt werden. So soll das Verkehrsministerium stärkeren Zugriff auf den Aus-, Neu- und Umbau der Schiene erhalten.
FDP und Grüne sehen sich dadurch in ihren innerhalb der Ampel-Koalition vereinbarten Plänen für eine Bahnreform bestätigt. "Es ist begrüßenswert, dass die Union die Stoßrichtung dieser Reformbemühungen unterstützt", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Michael Theurer (FDP), dem Berliner "Tagesspiegel".
"Offenbar haben die nicht mitbekommen, dass wir einen Großteil von dem, was da vorgeschlagen wird, bereits umsetzen", sagte der Grünen-Abgeordnete Matthias Gastel dem SWR mit Blick auf den Unionsvorschlag. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart worden, die Infrastruktursparten der Bahn zusammenzulegen und die neue Gesellschaft "am Gemeinwohl" auszurichten. Vertreter beider Ampel-Parteien verwiesen zudem darauf, dass das Verkehrsministerium seit 2009 durchgehend von CSU-Politikern geleitet worden war.
"CDU und CSU sind hauptsächlich verantwortlich für das marode Schienennetz und den Sanierungsstau", stellte auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) fest. Den Vorschlag einer Aufspaltung des DB-Konzerns sehe sie aber sehr kritisch. "Die Eisenbahnfamilie lässt sich nicht für Wettbewerbswahn und eine falsche Verkehrspolitik zerschlagen", dadurch würden tarifgebundene Arbeitsplätze gefährdet.
Ähnlich ablehnend äußerte sich das Bündnis Bahn für alle, dem Gewerkschaften wie die IG Metall und Verdi sowie Umweltverbände und andere Organisationen angehören. Bündnis-Sprecher Carl Waßmuth vermutete eine "inoffizielle Jamaika-Koalition (Union, Grüne und FDP) in Sachen Bahn-Zerstörung". Die SPD müsse sich nun für den Erhalt der einheitlichen Bahn einsetzen.
pe/mt