Eine Einbahnstraße darf nicht in falscher Richtung befahren werden - auch nicht rückwärts, um ein anderes Auto aus einer Parklücke herauszulassen. Nur unmittelbares Rangieren zum Einparken sei zulässig, erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Donnerstag in Karlsruhe veröffentlichten Urteil. Das Landgericht Düsseldorf muss nun einen Rechtsstreit nach einem Verkehrsunfall neu aufrollen. (Az. VI ZR 287/22)
Der Kläger fuhr rückwärts in einem Bogen von einer Grundstückszufahrt auf die Einbahnstraße. Sein Auto stieß mit einem anderen Wagen zusammen, dessen Fahrerin gerade einige Meter rückwärts entgegen der Fahrtrichtung fuhr. Sie wollte einem weiteren Auto Platz machen, das aus einer Parklücke fuhr, und dann selbst dort parken. Das Auto des Klägers wurde bei dem Unfall beschädigt.
Die Versicherung der Frau bezifferte ihre Haftungsquote auf 40 Prozent. Der Mann zog daraufhin vor Gericht, um die restlichen 60 Prozent geltend zu machen. Vor dem Düsseldorfer Amtsgericht hatte er damit Erfolg. Das Landgericht änderte das Urteil aber in der Berufung und wies die Klage ab.
Es wertete das kurze Rückwärtsfahren entgegen der Fahrtrichtung als zulässige Behelfsmaßnahme. Der Kläger dagegen habe die Vorfahrt des anderen Autos missachtet, als er rückwärts aus der Einfahrt gefahren sei, befanden die Düsseldorfer Richter. Er hätte einkalkulieren müssen, dass ein Auto die Straße in falscher Richtung befahren könne.
Der Kläger wandte sich an den BGH. Dieser hob das landgerichtliche Urteil nun auf. Das Landgericht muss neu in dem Fall entscheiden. Es habe bei seiner Abwägung Rechtsfehler gemacht, erklärte der BGH. Bei seiner Prüfung müsse es berücksichtigen, dass der Kläger auf einer Einbahnstraße grundsätzlich nicht mit anderen Autos habe rechnen müssen, die entgegen der Fahrtrichtung fuhren.
smb/cfm