Die Zahl der wohnungslosen Menschen in Deutschland ist nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Wohnungslosenhilfe vom Jahr 2021 auf das Jahr 2022 deutlich gestiegen. Dies erkläre sich insbesondere durch eine große Zahl wohnungsloser Flüchtlinge aus der Ukraine, teilte die BAG am Dienstag vor ihrer Bundestagung in Berlin mit. Die von der Organisation erhobenen Zahlen liegen über den vom Statistischen Bundesamt und der Bundesregierung veröffentlichten Zahlen.
Im Verlauf des Jahres 2022 waren in Deutschland 607.000 Menschen zeitweise wohnungslos. Etwa 50.000 davon lebten ganz ohne Unterkunft auf der Straße. Zum Stichtag 30. Juni 2022 habe es 447.000 wohnungslose Menschen in Deutschland gegeben. Damit habe die Jahresgesamtzahl um 58 Prozent und die Stichtagszahl um 67 Prozent höher gelegen als im Jahr 2021. Bei den deutschen Wohnungslosen habe es einen Anstieg von fünf Prozent gegeben, bei den übrigen einen sprunghaften Anstieg um 118 Prozent.
Als Gründe für Wohnungslosigkeit deutscher Staatsbürger ermittelte die Organisation in 57 Prozent der Fälle eine Kündigung der Wohnung. Bei 21 Prozent habe es Miet- und Energieschulden, bei 20 Prozent Konflikte im Wohnumfeld sowie bei 16 Prozent eine Trennung oder Scheidung gegeben. Wohnungslose ohne deutsche Staatsbürgerschaft hatten mehrheitlich in Deutschland noch nie eine Wohnung. Der Hauptauslöser sei die Flucht.
BAG-Geschäftsführerin Werena Rosenke erklärte, Inflation, gestiegene Kosten und steigende Mieten belasteten einkommensschwache Haushalte in Deutschland. Besonders gefährdete Gruppen seien einkommensarme Ein-Personen-Haushalte, Alleinerziehende und kinderreiche Paare.
Das von der Bundesregierung geplante Ziel von 100.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr sei nicht ausreichend. Zusätzlich würden weitere 100.000 bezahlbare Wohnungen benötigt. Entstanden seien in den vergangenen Jahren jeweils nur 25.000 neue sozialgebundene Wohnungen, die nicht einmal das Abschmelzen des Sozialwohnungsbestands durch Auslaufen der Bindungen kompensieren könnten.
Dass die BAG-Zahlen über denen des Statistischen Bundesamts liegen, erklärt der Sozialverband mit statistischen Unterschieden. Im Gegensatz zum Bundesamt, das nur untergebrachte Menschen zählt, werden von der Wohnungslosenhilfe auch diejenigen Wohnungslosen mitgezählt, die bei Freunden und Bekannten unterkommen, sowie Obdachlose.
ran/cfm