Trotz massiver Lieferengpässe in den vergangenen Monaten könnte die EU früher als erwartet über genug Impfstoff verfügen, um einen Großteil der Bevölkerung zu impfen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich am Freitag zuversichtlich, "dass wir 70 Prozent der europäischen erwachsenen Bevölkerung bereits im Juli geimpft haben". Bisher hatte die EU-Behörde dies bis Ende September angestrebt.
In der EU hatten die Impfungen gegen das Coronavirus Ende Dezember begonnen. Die Impfkampagne wurde dann aber durch massive Lieferengpässe ausgebremst, insbesondere beim britisch-schwedischen Hersteller Astrazeneca.
Von der Leyen betonte nun, dank "verlässlicher Partner" wie dem Anbieter Biontech/Pfizer sei es möglich gewesen, aufzuholen und die Impfungen zu beschleunigen. Mit dieser Woche werde die EU die Marke von 150 Millionen ausgelieferten Dosen überschreiten, sagte sie beim Besuch des Pfizer-Werks im belgischen Puurs. Inzwischen hätten 123 Millionen Menschen in der EU eine Impfung erhalten.
Die EU-Kommission setzt für die Zukunft nun vornehmlich auf Biontech/Pfizer und seinen neuartigen mRNA-Impfstoff. Die Behörde hatte Mitte April angekündigt, mit dem Anbieter über die Lieferung von weiteren 1,8 Milliarden Dosen bis zum Jahr 2023 zu verhandeln.
"Wir werden in den nächsten Tagen abschließen", sagte von der Leyen nun. Damit sichere sich die EU Mengen für Auffrischungsimpfungen und gegen Mutationen. Zudem solle der Impfstoff für Kinder und Teenager nutzbar sein.
Von der Leyen bezeichnete es als "gute Nachricht", dass die EU-Arzneimittelbehörde am Freitag eine weitere Kapazitätserhöhung des Biontech/Pfizer-Werks in Puurs um 20 Prozent genehmigte. Pfizer-Chef Albert Bourla verwies zudem auf deutliche Produktionsverbesserungen. Der Prozess zur Herstellung des Impfstoffes dauere nun statt anfangs 110 nur noch 60 Tage. Allein in Puurs erlaube das ab Mai die Produktion von monatlich 100 Millionen Dosen.
Der Impfstoff war durch das Mainzer Unternehmen Biontech entwickelt worden. Mitgründerin Özlem Türeci verwies in Puurs darauf, dass ihr Unternehmen mit dem US-Pharmakonzern Pfizer einen starken Partner gewonnen habe, der einen Einstieg in die Massenproduktion erlaubt habe. Für sie bedeute es "eine ganz unermessliche Freude", dass die mRNA-Technologie nach vielen Jahren Entwicklung nun "tatsächlich der Menschheit zugute kommt".
by Von Julien GIRAULT