Mit einer eintägigen Staatstrauer hat Israel am Sonntag der Opfer der Massenpanik an einer jüdischen Pilgerstätte im Norden des Landes gedacht. Mindestens 45 Menschen waren in der Nacht zum Freitag bei einem Gedränge am Grab des im zweiten Jahrhunderts gestorbenen Rabbiners Schimon Bar Jochai am Berg Meron ums Leben gekommen. Dort hatten sich zehntausende meist ultraorthodoxe Juden zum jüdischen Festtag Lag Baomer versammelt.
Nach eintägiger Sabbat-Pause wurden die Bestattungen der Todesopfer am Samstagabend wiederaufgenommen. Unter ihnen war örtlichen Berichten zufolge auch der 13-jährige Jedija Hajut, dessen Vater bei dem Unglück verletzt worden war. Nach Behördenangaben waren auch mehrere Ausländer unter den Opfern: Das kanadische Außenministerium berichtete von zwei getöteten Kanadiern, das israelische Außenministerium von vier US-Bürgern. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach von einer der "größten Katastrophen" seit der Staatsgründung vor sieben Jahrzehnten.
Nach Angaben der israelischen Hilfsorganisation Magen David Adom (MDA) wurden rund 120 Menschen bei dem Unglück verletzt. Mehr als 2200 Menschen hätten für sie Blut gespendet, darunter auch Netanjahu, berichtete sie am Samstag.
Die Hintergründe des Unglücks in einem für Männer vorbehaltenen Bereich waren zunächst unklar, die Behörden leiteten Ermittlungen ein. Zahlreiche Zeugen berichteten, an einer engen Passage nahe dem Rabbiner-Grab sei es zu einem tödlichen Gedränge gekommen.
Der Minister für Öffentliche Sicherheit, Amir Ohana, kündigte am Samstag an, er werde die Verantwortung für die Tragödie übernehmen, "sobald die Identifizierung und Beerdigung der Toten abgeschlossen" sei. "Ich bin verantwortlich, aber Verantwortung bedeutet nicht Schuld", fügte er gleichzeitig hinzu.
Die Feier zu Lag Baomer war die größte öffentliche Veranstaltung in Israel seit Beginn der Corona-Pandemie vor mehr als einem Jahr. Wegen der Corona-Krise hatten die Behörden die Teilnehmerzahl im Vorfeld auf 10.000 beschränkt, nach Medienberichten versammelten sich jedoch rund 100.000 Pilger am Berg Meron.
Aus vielen Teilen der Welt trafen Beileidsbekundungen ein, darunter auch von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.
ans/noe
by Menahem KAHANA