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Kritik nach Ausschreitungen bei Demonstration zu 1. Mai in Berlin

Schlagabtausch in Innenausschuss von Abgeordnetenhaus

Die politische Debatte um die Deutung der Geschehnisse vom 1. Mai in Berlin hat sich auch am Montag fortgesetzt. Führende Bundespolitiker übten deutliche Kritik an den Ausschreitungen vom Samstagabend. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik betonten im Berliner Innenausschuss hingegen das insgesamt weitgehend friedliche Demonstrationsgeschehen am Tag der Arbeit.

Laut Slowik demonstrierten am 1. Mai in Berlin insgesamt rund 20.000 Menschen, überwiegend seien die Teilnehmer friedlich gewesen und hätten sich an Hygienevorschriften gehalten. Geisel betonte, es sei wichtig, "nicht den Gewalttätern die Möglichkeit zu geben, mit ihren Gewalttaten die Berichterstattung über den 1. Mai zu dominieren".

Insgesamt kam es am 1. Mai zu 354 Freiheitsbeschränkungen, hauptsächlich wegen Verstößen gegen Hygienevorschriften. 93 Polizisten wurden verletzt, vier von ihnen mussten vom Dienst abtreten. Ab 21.00 Uhr sei es im Bezirk Neukölln zu eineinhalb Stunden "deutlicher Gewalt" gekommen, sagte Slowik. Die Darstellung, dass es sich um "die schlimmsten Ausschreitungen seit Jahren" handle, könne sie jedoch "nicht nachvollziehen".

Der Linken-Abgeordnete Niklas Schrader sagte im Berliner Innenausschuss, es sei ein "positives Signal", dass am Tag der Arbeit Menschen friedlich auf die Straße gegangen seien. Er kritisierte die Polizei für das Einkesseln von Demonstranten. Dies habe mit dazu beigetragen, dass die Situation eskaliert sei.

Der CDU-Abgeordnete Burkard Dregger kritisierte den Polizeieinsatz als "Niederlage für den Rechtsstaat". Er zitierte zudem aus einem anonymen Brief von Berliner Bereitschaftspolizisten, die die Planung des Einsatzes deutlich kritisierten. "Wirklich dramatisch" sei gewesen, dass bereitgehaltene Wasserwerfer nicht eingesetzt worden seien, "obwohl Kollegen über Funk um Hilfe schrien", hieß es darin.

Auch aus der Bundespolitik kam deutliche Kritik an den Ausschreitungen. "Barrikaden anzuzünden und gewaltsam auf Polizistinnen und Polizisten loszugehen, ist kriminell und in keinster Weise akzeptabel", sagte die Grünen-Vorsitzende und Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock der "Bild"-Zeitung vom. Wer Gewalt anwende, handle "wider den demokratischen Konsens und schwächt das Anliegen jener friedlichen Kundgebungen, die am 1. Mai auch stattgefunden haben".

Der CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak kritisierte die Ausschreitungen in der "Bild" als "aggressive Gewaltexplosion linker Staatsfeinde". SPD und Linkspartei warf Ziemiak vor, gegenüber "linksextremer Gewalt" zu schweigen. Dies sei eine "politisch-moralische Bankrotterklärung", sagte er.

In der "Welt" forderte der SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Dirk Wiese, indes "die volle Härte des Gesetzes" gegen jene, die sich nicht an Auflagen hielten oder an Gewalttaten beteiligt hätten. Dies gelte sowohl für Proteste sogenannter Querdenker als auch für Demonstrationen am 1. Mai in Berlin.

Abgeordnete der Links- und der FDP-Fraktion im Bundestag betonten die Relevanz des Demonstrationsrechts. Der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion, Friedrich Straetmanns, warnte in der "Welt" davor, die Hürden für die Genehmigung von Demonstrationen zu erhöhen. Auch FDP-Vizefraktionschef Stephan Thomae betonte die Unantastbarkeit des Demonstrationsrechts.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft erklärte, dass die Demonstration am Samstagabend hätte verboten werden müssen. Es sei "völlig unverständlich", weshalb die Versammlung noch in den Abendstunden habe stattfinden dürfen, erklärte der Vorsitzende Rainer Wendt.

by Tobias SCHWARZ