Obwohl der Streit mit den Bundesländern über die Finanzierung weiter schwelt, will die Bundesregierung bereits am Dienstag den Gesetzentwurf für den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder beschließen. Die Zeit dränge, sagte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Montag. Die Gewerkschaft Verdi forderte den Bund auf, für das Vorhaben mehr Geld in die Hand zu nehmen.
"Ursprünglich wollten wir abwarten, bis wir mit den Ländern komplett einig sind", sagte Karliczek den Zeitungen. "Doch da die Zeit drängt, werden wir das Gesetz in dieser Woche ins Kabinett einbringen." Das Bundeskabinett hält seine Sitzung in dieser Woche nicht wie sonst am Mittwoch, sondern bereits einen Tag früher ab.
"Wir setzen darauf, dass wir uns mit den Ländern im Gesetzgebungsverfahren über die verbliebenen Fragen verständigen", fügte Karliczek hinzu. "Das Projekt ist zu wichtig, um es in dieser Legislaturperiode liegen zu lassen." Die Regierung wolle den Rechtsanspruch "unbedingt noch auf den Weg bringen".
Bei der großen Streitfrage der Finanzierung sei der Bund den Ländern entgegengekommen, "indem wir 3,5 Milliarden Euro für Investitionen zur Verfügung stellen und uns auch an den laufenden Kosten beteiligen wollen", sagte die Ministerin. "Jetzt sollten die Länder auf den Bund zugehen."
Die Pläne der Bundesregierung sehen unter anderem vor, dass Grundschulkinder von der ersten bis zur vierten Klasse einen Anspruch auf Betreuung von acht Stunden pro Tag bekommen sollen. Die Umsetzung soll im Jahr 2025 mit den Erstklässlern beginnen, in den darauf folgenden Jahren sollen die weiteren Klassenstufen folgen.
Die Gewerkschaft Verdi lobte, "dass nun auch endlich für Schulkinder verlässliche Betreuungsstrukturen geschaffen werden". Die ganztägige Förderung von Kindern im Grundschulalter müsste aber auch mit ausreichenden Finanzmitteln hinterlegt werden. Die Beteiligung des Bundes an den regelmäßigen Betriebskosten falle viel zu gering aus, kritisierte die Verdi-Vizevorsitzende Christine Behle.
Länder und Kommunen könnten mit dieser Aufgabe nicht allein gelassen werden, warnte Behle. Ansonsten entstehe der gleiche strukturelle und pädagogische Flickenteppich, wie er bereits im Bereich der Kindertageseinrichtungen bestehe und sich dort auf die Betroffenen negativ auswirke.
Neben mehr Geld forderte die Gewerkschaft unter anderem auch die Festlegung von Qualitätsstandards. Nötig sei zudem eine "Ausbildungsinitiative", um dem Fachkräftemangel in der Kinderbetreuung entgegen zu wirken.
by Ina FASSBENDER