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Forderungen nach mehr Anstrengungen für die Gleichstellung

Steinmeier mahnt am Weltfrauentag auch stärkeren Kampf gegen Hass im Netz an

Am Weltfrauentag haben Vertreter aus Politik und Gesellschaft mehr Anstrengungen für die Gleichstellung angemahnt. Es sei in diesem Bereich in den vergangenen Jahren zwar viel geschafft worden, doch das Ziel sei noch nicht erreicht, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Montag. Nach Ansicht von Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) verstärkte die Corona-Pandemie bereits bestehende Ungleichheiten noch einmal.

"Es steht uns Männern gut zu Gesicht, wenn wir uns selbst für die Gleichstellung von Frau und Mann einsetzen", sagte Steinmeier bei einer Diskussionsveranstaltung in Berlin. Die Männer müssten aktiv dabei helfen und die Gleichstellung mit umsetzen, wo immer es möglich sei - und zwar jeden Tag im Jahr. Es gehe etwa darum, wie "wir unsere Töchter erziehen – und unsere Söhne".

Frauenministerin Giffey sagte dem Bayerischen Rundfunk mit Blick auf den Lockdown in der Pandemie: "Wenn einer zuhause bleiben muss, wägt die Familie ab - dann tritt eher der mit dem geringeren Einkommen zurück." Das seien meistens die Frauen. Sie forderte deshalb unter anderem, soziale Berufe mit einem hohen Anteil an Frauen aufzuwerten. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, der ab 2025 kommen solle, sei der "Gamechanger" für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler sagte, die Frauen seien in der Corona-Krise besonderen Belastungen ausgesetzt - etwa durch notwendig gewordene Tätigkeiten zur Pflege oder der Kinderbetreuung. Frauen hätten in der Krise "besonders lange Tage", beklagte Wissler. Zugleich arbeiteten sie häufig in jenen systemrelevanten Berufen, in denen die Löhne niedrig seien.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock sprach von einer Dreifachbelastung. "Massive Einschnitte beim Job oder Homeoffice, Kindergartenkinder und Schulkinder betreuen, um Homeschooling zu machen, und sich dann auch noch um den Haushalt kümmern", sagte sie dem Norddeutschen Rundfunk. "Wir sind bei der Gleichstellung gerade im letzten Pandemie-Jahr weiter zurückgefallen, obwohl wir schon davor noch nicht wirklich bei einer gleichberechtigten Gesellschaft waren."

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) forderte mehr Anstrengungen für die Gleichstellung in der Wissenschaft. Dort und in der Forschung "brauchen wir mehr weibliche Rollenvorbilder", sagte sie. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) würdigte die Rolle der Soldatinnen in der Bundeswehr. Sie prägten "das Gesicht und das Profil der Bundeswehr ganz entscheidend mit, ob hier zu Hause oder in den Auslandseinsätzen und einsatzgleichen Verpflichtungen unserer Streitkräfte", erklärte sie.

Steinmeier mahnte bei der Diskussionsveranstaltung "Digitalisierung ist weiblich" auch mehr Anstrengungen zur Bekämpfung von Hass im Netz an. "Digitale Medien können das Beste und das Schlimmste in uns hervorbringen – und vor allem Frauen erfahren dort viel zu oft Hass, Beleidigungen, Bedrohungen und sexualisierte Gewalt", sagte er bei der Diskussionsveranstaltung.

Am Weltfrauentag wird seit über 100 Jahren weltweit auf Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam gemacht. Seit 2019 ist er im Land Berlin gesetzlicher Feiertag.

by Tobias Schwarz